Wow, was soll ich sagen? Der 2. Kurstag ist um, und schon jetzt hab ich so viel gelernt, dass es den Aufwand herzukommen jedenfalls wert war :-)
Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll ... vielleicht mal mit meinem Leihpferd, Sam. Es ist eine ziemliche Herausforderung, so einen Kurs mit einem Pferd zu absolvieren, das man gar nicht kennt - und eine ungemeine Bereicherung :-) Fremde Pferde machen uns sehr schnell klar, wo sich unsere "Löcher"befinden. Mit dem eigenen Pferd haben wir ein Arrangement gefunden, das uns beiden passt, unseren "Vertrag", wie Mike Wanzenried gerne sagt. Vorne steht, was wir machen können, und hinten steht, was wir besser lassen sollten. Und oft ist die Hinterseite viel länger als die Vorderseite ;-)
Mit einem fremden Pferd muss man diesen Vertrag erst verhandeln - das ist schon ziemlich spannend. Und ich habe entdeckt, dass ich erst mal zu vorsichtig bin, besonders beim Reiten. Glücklicherweise ist die Besitzerin von Sam auch anwesend, also konnte sie mir sagen, was er schon können sollte. Ein Punkt, wo ich schnell gemerkt habe, dass ich da zu nachlässig bin - wohl auch mit meinen eigenen Pferden - ist "halte an einem hohen Standard fest, und erinnere ihn an seine Verantwortung!" Denn je mehr wir tun (und dabei das Pferd micro-managen), desto weniger wird es von sich aus tun. Das führt dann zB zu Pferden, die ewig getrieben werden müssen und doch nicht vorwärtsgehen ... oder ständig gehalten werden müssen und trotzdem davonrennen.
Das war für mich besonders interessant, denn mit meinem Pferd habe ich üblicherweise eher das Problem zu bremsen. Sam hingegen neigt dazu, stehenzubleiben wenn ihm etwas nicht passt (oder zu bocken - typisch LB). Aber - "forward is the key", wie Carol Coppinger, unsere Kursleiterin, mehrfach betont hat - besonders wenn es dann um so Dinge wie fliegende Galoppwechsel geht. Ich hatte heute also die Gelegenheit, meinen "Go-Button" zu richten.
Um das zu erklären, muss ich noch etwas ausholen - auch ein Thema, das wir heute vormittag im Kurs besprochen haben. Es gibt ja die "Stages of Learning", also Stufen des Lernens.
1. Teaching - Lehren
2. Controlling - Kontrolle
3. Reinforcing - Verstärkung
4. Refining - Verfeinerung
Und es ist SEHR wichtig, dass wir uns bewusst sind, in welcher Stufe wir uns gerade befinden. Denn je nach Stufe müssen wir unsere 4 Phasen unterschiedlich anwenden, um vorwärtszukommen. Kurz gesagt:
1. Teaching = Phasen 1 - 2 - 3 - 4 alle etwa 3-4 Sekunden lang, Phase 4 (falls nötig) bis das Pferd reagiert
2. Kontrolle = Phase 4. Da geht es um unsere Sicherheit, da muss SOFORT etwas passieren.
3. Verstärkung = LAAAAANGE Phase 1, dann schnell zu Phase 4
4. Verfeinerung = wir sollten nicht mehr als eine kleine Phase 2 brauchen, bzw. was vorher 2 war, ist jetzt vielleicht schon 4. Wir werden also noch subtiler.
Also, um jetzt das Vorwärts von Sam zu verbessern (Stufe 3 - verstärken), hab ich dann folgende Übung gemacht:
Halten. Aus dem Halt antraben, indem ich meine Energie hochbringe ("Smile with all 4 cheeks") und die Beine LEICHT zumache. 3 Sekunden warten - wenn dann nix passiert ist, mit dem String an der Kruppe touchieren, und zwar nur EIN Mal. Dann "Reset", alles loslassen, von vorne beginnen. Beim 3. Mal ist er davongeschossen wie eine Rakete, mit einem sehr guten Vorwärts-Trab, und damit war das Thema erledigt (zumindest für den Rest des Nachmittags). Hätte ich ihn hingegen im Trab einfach immer mehr getrieben und ihn daran gehindert, langsamer zu werden, wäre es ein ewiges Gemurkse geblieben. Hmmm - sehr spannend!!!
Und zum Abschluss noch ein Zitat von Carol "Dwell time is priceless" - heisst soviel wie Zeit zum Nachdenken zu geben ist enorm wichtig ... das mach ich jetzt ;-) Denn nachdem es hier nämlich gerade mal 4 Uhr morgens ist, werde ich nun noch eine Runde schlafen, bevor Tag 3 des Kurses anbricht, und Euch Zeit zum Nachdenken geben. Weitere Updates vom Kurs folgen demnächst ;-)
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