Samstag, 4. Januar 2014

Raubtiere, Instinkte und Stress

Ok. Also was haben diese Begriffe miteinander zu tun? Eine ganze Menge, wenn man es im Rahmen des Natural Horsemanship betrachtet:

Zuerst mal das Raubtier. DAS ist unsere menschliche Natur, unser Instinkt. "Nein, ich doch nicht, ich bin doch Vegetarier!" Hilft leider nix, von unseren natürlichen Anlagen her sind wir trotzdem ein Raubtier, ob wir nun Fleisch verzehren oder unschuldiges Gemüse...

1. Wir sehen aus wie Raubtiere: Unsere Augen sind vorne. Die Ohren sind nicht sehr beweglich und immer "angelegt", also aus Sicht des Pferdes im Status "aggressiv".
2. Wir denken wie Raubtiere. Geradlinig. Wenn wir etwas wollen, versuchen wir das zu bekommen, möglichst auf direktem Weg.
3. Wir handeln wie Raubtiere. Wir schleichen uns an. Wenn wir erschrecken, ziehen wir uns zusammen und halten fest (hauen die Klauen rein). Und lassen nicht mehr los.


Im Gegensatz dazu das Pferd, ein Beutetier.
1. Es sieht aus wie ein Fluchttier: Die Augen liegen seitlich am Kopf und ermöglichen beinahe Rundumsicht. Pferde sehen im Zeitraffer, jede Bewegung wirkt also noch viel schneller. Die Ohren sind beweglich, können verdächtige Geräusche rundherum orten.
2. Es denkt wie ein Fluchttier - im Zweifelsfall GAR NICHT, der Fluchtinstinkt übernimmt die Führung.
3. Es handelt wie ein Fluchttier. Zuerst davonlaufen, dann schauen ob es überhaupt nötig ist. Gekämpft wird dann, wenn es in die Enge getrieben ist und keinen Ausweg mehr hat.


Da haben wir den Salat - 2 Spezies, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Wenn wir nun mit dem Pferd eine Partnerschaft anstreben, müssen wir alle beide unsere Natur überwinden. Das können wir bewusst üben, wenn wir das Problem erstmal bemerkt und verstanden haben. Wir können uns und unserem Pferd Gewohnheiten und Fähigkeiten antrainieren, um diese Kluft zu überbrücken.

Aber nun - der STRESS oder Druck - ob nun eingebildet oder tatsächlich gerechtfertigt, das macht leider keinen Unterschied. Wenn wir in Stress geraten, kommt unsere Natur zum Vorschein, ob wir wollen oder nicht. Dann sagt das Pferd "ich muss fliehen", und wir Menschen sagen "nein du musst dableiben, stillstehen, in den Hänger einsteigen, über das Hindernis springen, eine schöne Piaffe machen", oder was immer wir gerade eben vom Pferd verlangen.

Dabei wäre die Lösung so einfach - denke wie ein Pferd, und gib dem Pferd was es braucht, also lass zB ein extrovertiertes Pferd seine Füsse bewegen. WARUM können wir das manchmal nicht tun? Weil wir natürlicherweise unter Druck zumachen, nicht fähig sind lateral zu denken. Der einzige Gedanke ist unser Ziel. Oje. 

Was können wir tun, um solche Situationen in Zukunft gar nicht entstehen zu lassen? Unsere Komfortzone - und die unseres Pferdes - ausdehnen, damit uns beide - oder wenigstens einen von uns - die Situation gar nicht erst stresst. Und das geht nur durch "exposure and experience", wie Pat Parelli sagt. Also sich verschiedenen Situationen aussetzen und dabei Erfahrungen sammeln. Vermeiden hilft da leider nichts...

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